VfL Neckargartach – KSV Ketsch 21:8

Mengstab, Rauhut & Co. begeistern beim 21:8 

– VfL Neckargartach geht verlustpunktfrei in die Rückrunde.

 

  VfL Neckargartach - KSV Ketsch   21 : 8
55 F Colin Reiser - Rosario Schmitt Schmitt 56,9kg 4 : 0
130 G Halil Eser - Farhad Sohrabi DS 0:6 (5.40) 4 : 4
60 G Mokonen Mengstab - Udo Mehner TÜS 16:1 (4.00) 8 : 4
96 F Lars Petzold - Roger Gößner PS 2:1 10 : 4
66A F Michéle Rauhut - Michael Kohler PS 10:1 13 : 4
84B G Kemal Demir - Johann Weingärtner PS 3:1 15 : 4
66B G Tariel Shavadze - Tobias Stein AS 19 : 4
84A F Yasar Demir - Stefan Kehrer PS 0:1 19 : 6
74A F Stephan Weller - Arnold Brown PS 1:0 (6.10) 21 : 6
74B G Alexander Pack - Marco Klären PS 0:2 21 : 8

 

 

 

von Arno Stegmeyer

„Das war Ringen.“ Dieses Fazit zog die überwiegende Mehrheit der 400 Zuschauer am Samstag (26.10.2002) in der Neckargartacher Römerhalle nach dem 21:8-Sieg des VfL Neckargartach gegen den KSV Ketsch. Sie bekamen bei den einzelnen Begegnungen faire und spannende Kämpfe auf hohem technischen Niveau serviert. Einen großen Anteil hatten die motivierten Kämpfer des Tabellenzweiten Ketsch, die nie aufsteckten und dem Neckargartacher Tabellenführer immer wieder die Zähne zeigten.

Schon auf der Waage gab es vor dem Kampf einige handfeste Überraschungen. Rosario Schmitt, der Top-Mann der Gäste im Fliegengewicht konnte wegen Verletzung nicht antreten und ersparte sich die Pein des „Gewichtmachens“. Auch der etatmäßige Federgewichtler der Ketscher, Gilbert Rudischhauser war nicht im Aufgebot vertreten. Neckargartach trat ohne den verletzten Sinan Hanli und mit Mokonen Mengstab an, der erst in der Rückrunde zum Einsatz kommen sollte und innerhalb von Tagen sein Körpergewicht auf die 60kg-Marke reduzierte.

Nachdem Colin Reiser (55kg Freistil) kampflos die Punkte für Neckargartach einstrich, mußte Halil Eser (130kg griechisch-römisch) gegen den sieggewohnten Ketscher Iraner Farhad Sohrabi antreten. Anfangs hielt der Neckargartacher gut mit im Kampf gegen Sohrabi, bei dessen Anblick man unweigerlich an Adjektive wie „gewaltig“ denken mußte. Auch der ersten Runde führte der Ketscher mit 1:0. Als in der zweiten Kampfhälfte Eser eine Verwarnung wegen Mattenflucht kassierte und Sohrabi mit mehreren Durchdrehern auf 4:0 davonzog, wurde klar, daß Eser hier nur Schadenbegrenzung betreiben konnte. Mit aller Kraft stemmte er sich gegen den Hünen und wurde wiederum mit einer Verwarnung bestraft. Jetzt war es offensichtlich, daß der Mattenleiter Vollmer ungewöhnlich schnell mit Passivitätsverwarnungen zur Hand war und die Trainer beider Lager hatten sich schnellstens auf diese Situation einzustellen. Doch für Eser kam jeder taktische Ratschlag zu spät. Der Ketscher erkannte seinen Vorteil und „bolzte“ den Neckargartacher immer mehr in die Defensive. In der sechsten Minute kam gnadenlos die dritte Verwarnung für Eser. Überraschend war Ketsch auf 4:4 gleichgezogen.

Gleich zu Beginn stürmte Mokonen Mengstab (60kg GR) gegen Udo Mehner an und diesem blieb nur noch die Flucht, vom Kampfrichter gleich mit einer Verwarnung geahndet. Der angeordneten Unterlage Mehners folgte eine Demonstration des VfL-Ass Mengstab. Ein Ausheber Mengstabs mit einem gewaltigen Überwurf, der den Gegner regelrecht in hohem Bogen durch die Luft schleuderte, wurde mit der Höchstnote „fünf“ belohnt. Ein ansatzloser Schulterschwung brachte Mengstab in der zweiten Minute die 9:0-Führung. Der atemlose Mehner konnte einen weiteren Ausheber nur noch mit verbotener Beinarbeit abwehren. Zum Beginn der zweiten Runde griff Mehner beherzt an und Mengstab überließ dem Ketscher schließlich einen Wertungspunkt, um postwendend wieder zum Angriff überzugehen. Unaufhaltsam eroberte sich Mengstab die Kontrolle über den Kampf zurück und nach einem weiteren Schwunggriff fand sich der Ketscher in der Brücke wieder, aus der er sich nur mit letzter Kraft befreien konnte. Damit stand der vielumjubelte 16:0-Überlegenheitssieg Mengstabs fest.

Gegen den Ketscher Ringer-Trainer Roger Gößner zeigte sich Lars Petzold (96kg FS) von seiner taktischen Schokoladenseite. Petzold bot dem Ketscher Ringer-Denkmal keine Angriffsfläche, so daß nach drei Minuten keiner der beiden einen zählbaren Erfolg nachweisen konnte. Die zweite Runde sollte die Entscheidung bringen, Gößner setzte zum Wurf an Petzolds Hüfte an und erreichte eine 1:0-Führung. Ein Versuch Gößners den Neckargartacher Routinier durchzudrehen, scheiterte an dessen Abwehrgeschick. Petzold wartete auf seine Chance, die in der fünften Minute in Form einer Passivitätsermahnung Gößners kam. Blitzschnell fasste der Freistil-Spezialist Petzold zu und drehte den Ketscher mit einer Beinschraube um die Längsachse. Petzold führte 2:1, wohl wissend, daß Gößner gerade in der letzten Minute brandgefährlich ist und schon des Öfteren in den letzten Sekunden Kämpfe aus dem Feuer riss. Hellwach und mit höchster Konzentration wehrte Petzold die Angriffe des Ketscher Trainers ab und gewann mit 2:1.

Nach zwei Minuten stand es 1:1 im 66kg-Freistil-Duell zwischen Michéle Rauhut und der Ketscher Nachwuchshoffnung Michael Kohler. Kohler, der bei den diesjährigen Deutschen Meisterschaften noch vor Rauhut platziert war, suchte die Entscheidung, indem er mutig angriff. Rauhut ergriff die Gelegenheit beim Schopf und konterte geistesgegenwärtig mit einem Überwurf zur 4:1-Führung. Die zweite Runde zeigte einen Kohler, der nicht aufsteckte und wiederum die Entscheidung in Beinangriffen suchte. Doch auch hier verblüffte Rauhut durch seine Gewandtheit. Mit einem Überstürzer machte er den bombensicheren Angriff Kohlers zunichte. Mit einem Spaltgriff stellte der Freistil-Virtuose Rauhut den 10:1-Endstand her. Neckargartach führte nach fünf Kämpfen mit 13:4.

Zweimal mußte Kemal Demir (84kg GR) in die Unterlage, bevor er in der dritten Minute gegen Johann Weingärtner an die Reihe kam. Demir nutzte seine Chance und setzte einen seiner gefürchteten verkehrten Ausheber an. Weingärtner konnte den württembergischen Meister Demir nur noch durch Beinarbeit bremsen. Weingärtner versuchte durch heftige Anreißer Kemal aus der Reserve zu locken, doch dieser blieb cool und wehrte nicht weniger heftig ab. Dies merkte auch der Kampfrichter und, getreu seiner Linie, rechtzeitig übertriebene Härte zu unterbinden, vergab beiden Kämpfern eine Verwarnung. Demir versuchte in der letzten Minute noch, durch kraftvolles Vorwärtsstreiten, Weingärtner zu einer unbedachten Handlung zu provozieren, doch auch Weingärtner blieb cool und ihm die dritte Verwarnung erspart.

Gleich zu Beginn gab der Ketscher Tobias Stein gegen Tariel Shavadze (66kg GR) auf, der sich wohl keine Chance gegen den Neckargartacher Topscorer ausrechnete und der VfL zog uneinholbar auf 15:4 davon.

Absolut gleichwertig war Yasar Demir (84kg FS) dem Deutschen Junioren-Vizemeister Stefan Kehrer, der durch seine schnellen Beinangriffe überzeugte. Demir konnte die Angriffe des EM-Teilnehmers jederzeit abwehren und griff seinerseits an. Kehrer wehrte ebenso schlau ab und griff seinerseits an. Die heftige Abwehr Demirs veranlasste wiederum Kampfrichter Vollmer, eine Verwarnung auszusprechen. Den knappen 0:1-Rückstand konnte Demir gegen den Ketscher nicht mehr aufholen.

Das mit Spannung erwartete Duell zwischen Stephan Weller (74kg FS) und Arnold Brown erbrachte in der regulären Kampfzeit von sechs Minuten keine Wertung. In der Verlängerung löste Weller die Spannung und den Griff im Standkampf. Der Beinangriff drohte von dem stabilen Brown durch Spaltgriff gekontert zu werden, doch Weller schnellte mit größter Kraftanstrengung in die Oberlage und gewann durch Sudden Death. Mit einem Freudenschrei bedankte sich Stephan Weller bei seinen Fans, die trotz der schmerzlichen Niederlagen der letzten zwei Wochen an ihn glaubten.

Der Ketscher Schlussmann sorgte letztlich mit einem 2:0-Punktsieg durch einen gut angetäuschten Durchdreher gegen Alexander Pack (74kg GR) für einen versöhnlichen Abschluß für die zahlreich angereisten Ketscher Fans.(AS)